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AutorenbildPatrick Rhyner, Tauchschule H2O

Verbrennungen während eines Wintertauchganges

Das ganzjährige Tauchen in Schweizer Seen wird wegen der guten Sichtverhältnisse immer beliebter. Gegen Unterkühlung nutzen Taucher neben passiver Isolierung auch aktive Heizmaßnahmen wie batteriebetriebene Heizunterzieher, die unter dem Trockentauchanzug getragen werden. Wir berichten über den Fall eines Tauchers, der während eines Winter-Tauchgangs aufgrund eines Überstroms im Heizanzug Verbrennungen zweiten Grades erlitt.


Hier geht es zum Eistauchen im Klöntalersee mit der Tauchschule H2O.


Eistauchen im Klöntal. Bild: Tauchschule H2O

Der Tauchgang


Im Dezember 2022 unternahm ein erfahrener 35-jähriger Taucher zusammen mit 2 Buddies von einem Boot aus einen Nachttauchgang in einem Schweizer See mit offenem Kreislauf (D12) unter Verwendung von Nitrox (EAN 32) bis zu einer maximalen Tiefe von 27 m. Er benutzte einen elektrisch beheizbaren Unterzieher (Lufttemperatur 2° C, Wassertemperatur 4° C), den er unter seinem Trockentauchanzug trug (+200 durchgeführte Tauchgänge). Die elektrisch beheizbaren Handschuhe (+50 durchgeführte Tauchgänge) waren via Stecker direkt mit den Ärmeln des Heizunterziehers verbunden. Die Stromversorgung erfolgte über ein externes Akkupaket, das am Gurtzeug des BCD (Wing) getragen wurde (Li-Ion 11.1 V/3 Zellen à 3.7 V, 24.5 Ah). In der 30. Tauchminute schaltete der Taucher das aktive Heizsystem ein, weil er zu frieren begann. Innerhalb von Sekunden verspürte er einen scharfen, brennenden Schmerz über beiden Schultern. Dieser veranlasste ihn, den Heizunterzieher sofort auszuschalten und das Kabel am externen Akku auszustecken. Da der Schmerz anhielt, wurde der Tauchgang abgebrochen. Die Gruppe stieg sofort innerhalb der Nullzeitgrenze zur Oberfläche auf und kehrte in den Hafen zurück. Nach dem Ablegen der Ausrüstung wurden an beiden Schultern und an den Oberarmen Hautverbrennungen zweiten Grades mit Blasenbildung festgestellt. Der Stoff des Heizunterziehers war im Bereich der Schultern und an den Oberarmen teilweise geschmolzen.

Brandblasen. Publikation mit Einverständnis des Betroffenen.

Brandblasen. Publikation mit Einverständnis des Betroffenen.

Die forensische Untersuchung


Das gesamte Heizsystem inklusive Akku wurde durch das forensische Institut eines kantonalen Polizeikorps mittels Computertomographie untersucht und elektrisch-physikalisch geprüft. Der verwendete Lithiumakku funktionierte einwandfrei und die von ihm gelieferte Stromstärke und -spannung lagen innerhalb der Spezifikationen des Heizanzugs. Der Thermostat des Heizanzugs war funktionstüchtig. Er kappte aber die Heizleistung erst bei einer Temperatur von 70° C und nicht bereits bei 45° C, wie in den Spezifikationen des Heizanzuges angegeben. Darüber hinaus war im Anzug keine elektrische Sicherung gegen einen Überstrom installiert. Die Isolierung der elektrischen Leitung zum rechten Heizhandschuh, die in den Anzug eingebaut war, war vom Hals bis zur Ärmelmanschette geschmolzen. Am rechten Heizhandschuh wurde unmittelbar nach dem Stecker, der ihn mit der anzugseigenen Stromleitung verband, ein Kabelbruch festgestellt. Dieser Kabelbruch führte zu einer Änderung des Übergangswiderstandes, wodurch sich die Isolierung der elektrischen Zuleitung des Handschuhs im Anzug erhitzte und schmolz.


Die Brandblasen heilten unter konservativer Therapie vollständig ab.


Diskussion


Wärmeverlust ist ein wesentliches Thema beim Tauchen, nicht nur, aber insbesondere in kaltem Wasser. Unterkühlung führt zu Verwirrung, Desorientierung, switch-off-Phänomenen, Herzrhythmusstörungen und schließlich zu Bewusstlosigkeit und Tod, wenn die Körperkerntemperatur markant unter 35 °C fällt. Darüber hinaus hat die Körpertemperatur einen direkten Einfluss auf das Sättigungs- und Entsättigungsverhalten der Inertgase im Gewebe und damit auf die Dekompression. Eine niedrige Körpertemperatur bewirkt eine Zentralisierung des Blutflusses. Dadurch kommt es zu einer verzögerten Aufsättigung der Inertgase in den peripheren Geweben, was ein erwünschter Effekt ist. Allerdings führt dies auch zu einer langsameren Entsättigung, was längere Dekompressionszeiten zur Folge hat und ein höheres Risiko für eine Dekompressionskrankheit. Daher wird als best praxis empfohlen, während des Tauchganges nur so stark zu heizen, dass eine relevante Unterkühlung vermieden wird und erst während des Aufstieges resp. während der Dekompressionsphase stärker zu heizen. Unter diesem Gesichtspunkt war es richtig, die Heizung wie in unserem Fallbericht erst bei Kältegefühl einzuschalten.


Das Tauchteam führte einen Pre-Dive-Check durch, ohne jedoch die Heizung einzuschalten, wodurch die Chance verpasst wurde, eine Fehlfunktion vor dem Tauchgang festzustellen. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, die gesamte Tauchausrüstung vor einem Tauchgang auf ihre Funktionstüchtigkeit zu prüfen.


Von der Verwendung von Heizsystemen, welche nicht spezifisch für das Tauchen zugelassen sind, wird dringend abgeraten.

Passive Wärmeisolierung reicht oft nicht aus, um Taucher in kalten Gewässern vor Unterkühlung zu schützen. Deshalb werden im Tauchsport gerne andere Maßnahmen verwendet, wie z. B. chemische Heizpacks und beheizte Unterwäsche, die aus dem Schneesport stammen. Diese sind nicht spezifisch für das Tauchen zugelassen und es sind Unfälle damit bekannt. So entzündete sich ein luftaktiviertes, chemisches Heizpaket, welches auf der Haut getragen wurde, aufgrund des hohen Sauerstoffpartialdrucks im Trockenanzug und verursachte schwere Verbrennungen. Aus diesem Grund wird von der Verwendung von Heizsystemen, die nicht für das Tauchen zugelassen sind, dringend abgeraten. Dies gilt ausdrücklich auch für das Mitführen von Akkus im Trockentauchanzug, bspw. als Bestandteil von Heizunterwäsche für den Schneesport. Der erhöhte Umgebungsdruck in Verbindung mit einem gesteigerten Sauerstoffpartialdruck erhöht das Risiko eines Akkubrands, der nicht beherrscht werden und schwerwiegende Verbrennungen verursachen könnte.


Akkus sollten niemals im Trockenanzug mitgeführt werden.

In den letzten Jahren hat die Tauchindustrie akkubetriebene Heizsysteme - von kleinen Westen bis hin zu Ganzkörperanzügen - entwickelt, die für Trocken- und Nassanzüge zugelassen sind. Obwohl diese Geräte für hyperbare Bedingungen zugelassen sind und entsprechende CE-Marken tragen, sind sie nicht vor Fehlfunktionen gefeit. In unserem Fall verursachte der Bruch eines Kabels im Heizhandschuh einen Überstrom in der Stromzuleitung innerhalb des Heizunterziehers, was zu Verbrennungen zweiten Grades führte. Der Schutz gegen einen Überstrom war in diesem Fall keine elektrische Sicherung, sondern ein Thermostat, der den Stromkreis erst bei einer Temperatur von 70° C unterbrach. Im Gegensatz dazu gibt die Gebrauchsanweisung des Anzugs eine maximale Heiztemperatur von 45° C an. Eine Sicherung, die vor Überhitzung und Überstrom schützen würde, fehlte.


Die Hersteller von Heizsystemen für das Tauchen sind angehalten, ihre Produkte kompromisslos auf die Bedürfnisse von Tauchern auszurichten.

Das Heizsystem wird von einem renommierten Unternehmen für Tauchausrüstung hergestellt, dessen Produkte in der Tauchszene sehr geschätzt werden, eine CE-Marke tragen und speziell für das Tauchen vermarktet werden. Die elektrische Konfiguration des Heizanzugs entspricht jedoch nicht den versprochenen Sicherheitsanforderungen. Glücklicherweise konnte der Tauchgang innerhalb der Nullzeitgrenze sofort beendet werden. Die Fehlfunktion des Heizanzuges hätte zu weiteren Folgen wie Barotrauma oder einer Dekompressionskrankheit führen können, wenn ein ordnungsgemäßer Aufstieg oder eine Dekompressionspflicht wegen Panik unterlassen worden wäre.


Als Reaktion auf diesen Tauchunfall hat der Hersteller zugesagt, die elektrische Konfiguration des Heizanzugs zu überarbeiten, um künftige Fehlfunktionen auszuschließen.


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