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AutorenbildMichael Mutter

An diesen Top-Tauchplätzen ist besondere Vorsicht geboten

Das Tauchen an einigen der beliebtesten Unterwasserziele der Welt kann mit Gefahren verbunden sein. DAN (Divers Alert Network) ist eine Organisation, die sich für die Sicherheit beim Tauchen einsetzt. Sie bietet Tauchern auf der ganzen Welt Hilfe an und sammelt wichtige Daten über Tauchzwischenfälle. Ihre Daten bilden das Rückgrat eines aktuellen Berichts, in dem sechs der beliebtesten Tauchplätze hervorgehoben werden, an denen besondere Vorsicht geboten ist. Anhand einer Analyse der bei der DAN Europe Alarmzentrale eingegangenen Hilferufe wurden Orte wie das ägyptische Blue Hole und das Wrack der SS Thistlegorm als Hotspots für Tauchunfälle identifiziert. Der sehr lesenswerte Bericht fasst die spezifischen Gefahren für jeden Ort zusammen.


Foto: Patrick Rhyner, Tauchschule H2O

Blue Hole (Dahab, Ägypten)

  • Tiefe und Desorientierung: Das Blue Hole erreicht Tiefen von über 120 Metern, und Taucher können leicht die Orientierung verlieren oder sich zu tief hineinwagen, vor allem, wenn sie nach dem "arch" in 55 Metern Tiefe suchen, der das Blue Hole tunnelartig mit dem offenen Meer verbindet.

  • Tiefenrausch und Grenzen des Könnens: Unerfahrene Taucher können ihre Tiefengrenzen überschreiten, was zum Tiefenrausch führt und das Urteilsvermögen beeinträchtigt.

  • Freitauch-Risiken: Freitaucher tauchen oft allein oder ohne Sicherheitsteam, was das Unfallrisiko erhöht. Der tödliche Unfall von Stephen Keenan während eines Freitauchprojekts im Blue Hole wurde im Film „Der tiefste Atemzug“ eindrucksvoll geschildert. Die Diskussion dazu finden Sie auf dekoblog.

  • Dehydrierung und Wett-Tauchen: Manche Taucher sind dehydriert oder gehen riskante Wetten ein, was die Gefahr weiter erhöht. (Dieser Bericht wurde auf der Grundlage von realen Telefongesprächen geschrieben!)


SS Thistlegorm (Shaab Ali, Ägypten)

  • Starke Strömungen und schlechte Sichtverhältnisse: Der Tauchplatz ist bekannt für starke Unterwasserströmungen und limitierte Sichtverhältnisse, was die Orientierung erschwert.

  • Rechteck-Profile: Diese Tauchprofile (lange Grundzeit mit schnellem Aufstieg) erhöhen das Risiko der Dekompressionskrankheit.

  • Gefahren an der Oberfläche: Boote und Plattformen stellen beim Auf- und Abtauchen eine Gefahr dar, insbesondere bei rauer See.

  • Müdigkeit und Dehydrierung: Die Fahrt zum Wrack ist lang und beginnt oft sehr früh am Morgen, was zu Müdigkeit und Dehydrierung führt, was wiederum die Dekompressionskrankheit begünstigt. Kombiniert man dies mit Wiederholungstauchgängen in den Tagen zuvor, landet man in der Überdruckkammer.


MS Zenobia (Larnaca, Zypern)

  • Zu einfach zum Tauchen: Die MS Zenobia ist ein 170 Meter langes Wrack, das auf der Backbordseite in einer Tiefe zwischen 17 und 42 Metern liegt. Die Ladung (Autos) ist an Bord geblieben, was es zu einem interessanten Tauchplatz macht. Der Tauchgang ist relativ einfach und daher auch für Unerfahrene geeignet, die das Wrack von außen erkunden wollen. Deshalb ist es eines der meistbesuchten Wracks der Welt.

  • Scharfes Metall und Stiche: Das Wrack hat scharfe Kanten, und Taucher riskieren Schnitte oder Stiche von Meeresbewohnern, wenn sie die Tarierung nicht richtig beherrschen.

  • Desorientierung: Wegen der Größe und der komplexen Struktur des Wracks können Unerfahrene leicht die Orientierung verlieren.

  • Nichtbeachten der Nullzeit (NDL): Taucher respektieren ihre NDL nicht, was zu potenziellen Sicherheitsproblemen führt.


Haven (Arenzano, Italien)

  • Tiefe und Desorientierung: Das Tauchen in großen Tiefen (bis zu 90 m) erhöht die Risiken, insbesondere wenn Taucher die Orientierung verlieren oder zu schnell aufsteigen.

  • Ausrüstungsmängel: Die Überprüfung der Ausrüstung vor dem Tauchgang ist von entscheidender Bedeutung. Immer wieder vernachlässigen Taucher diese Kontrollen, was zu Hypoxie bei CCR-Tauchgängen oder anderen Notfällen führt.

  • Strömungen und große Entfernungen: Strömungen und die großen Entfernungen zwischen den interessanten Punkten des Wracks machen Planung und Navigation zu einem entscheidenden Faktor.


Gardasee (Italien)

  • Grosse Tiefen: Der See weist fast senkrechte Unterwasserwände auf, die bis zu 200 Meter tief abfallen. Oft wird deshalb zu tief getaucht.

  • Kälte und Müdigkeit: Taucher berücksichtigen oft Kälte und Müdigkeit nicht.

  • Dehydrierung und schlechte Planung: Taucher vernachlässigen oft die Flüssigkeitszufuhr oder die Tauchgangsplanung.


El Hierro (Kanarische Inseln, Spanien)

  • Aufstieg in die Höhe nach dem Tauchgang: Die Hauptgefahr besteht darin, nach Tauchgängen auf Meereshöhe in die Höhe zu fahren, da viele Unterkünfte deutlich über dem Meerespiegel liegen. Dies steigert das Risiko der Dekompressionskrankheit.


Es ist nicht der Tauchgang, sondern die Art des Tauchens, die die Gefahr ausmacht.

Diese Tauchplätze sind nicht besonders gefährlich. Der Hauptgrund, warum sie auf dieser Liste erscheinen, ist, dass sie stark frequentiert sind. Anhand der Anfragen lassen sich universell gültige Massnahmen zur Verhinderung von Tauchunfällen ableiten:


1. Niveau-gerechtes Tauchen: CMAS-ausgebildete Taucher sind es leid, diesen Spruch zu hören. Aber er stimmt. Tauchen Sie nur in Tiefen, die Ihrer Ausbildung und Erfahrung entsprechen. Bedingungen (wie Wrackdurchdringungen oder Tieftauchgänge) , die über die Zertifizierung hinausgehen, sind zu vermeiden.


2. Richtige Ausrüstung und gründliche Kontrolle: Überprüfen Sie Ihre Ausrüstung immer vor dem Tauchen, besonders bei technischen oder tiefen Tauchgängen. Vergewissern Sie sich, dass Sie mit einer angemessenen Ausrüstung oder dem passenden Atemgas tauchen.


3. Plan your dive and dive your plan: Eine sorgfältige Tauchgangsplanung ist entscheidend, insbesondere an Orten mit starken Strömungen, komplexer Topographie oder tiefen Profilen. Halten Sie sich an den Plan, um Ihre Grenzen nicht zu überschreiten.


4. Verwenden Sie beim Auf- und Abtauchen Festmacherleinen: Sie helfen bei der Tarierung und bei starken Strömungen. Auch erleichtern sie die Orientierung und verhindern ein zu schnelles Auftauchen im freien Wasser.


5. Hydrierung und Erholung: Dehydrierung ist ein Hauptrisikofaktor für die Dekompressionskrankheit (DCS). Achten Sie bereits am Tag vor dem Tauchgang auf eine genügende Flüssigkeitszufuhr und stellen Sie sicher, dass Sie gut ausgeruht sind.


6. Hören Sie auf die örtlichen guides: Nutzen Sie die Kenntnisse der locals, die mit den Bedingungen des Tauchplatzes vertraut sind. Befolgen Sie ihre Ratschläge, denn sie kennen die potenziellen Gefahren und die besten Praktiken für jeden Tauchplatz.


7. Vermeiden Sie Aufstiege in Höhen nach dem Tauchen: Wenn Sie in Gegenden wie El Hierro tauchen, sollten Sie es vermeiden, zu früh in große Höhen aufzusteigen (z. B. zu Unterkünften auf den Hügeln), um die Dekompressionskrankheit zu vermeiden.

 

Persönliche Kommentare:

  • Als ich einen Taucher nach einer Konsultation wegen eines Dekompressionsvorfalls fragte, was er als Nächstes vorhabe, antwortete er, dass er die „Haven“ betauchen wolle - mit Pressluft!. So viel zum Effekt meiner Beratung... Hoffentlich werden die dortigen strengen Sicherheitsmaßnahmen und -kontrollen mehr dazu beitragen, einen weiteren Zwischenfall zu verhindern, als meine medizinisches Expertise.


  • Kein Zweifel: Flüssigkeitszufuhr ist wichtig und beugt der Dekompressionskrankheit vor. Die oft, auch in diesem DAN-Bericht, ausgesprochene, strikte Empfehlung, Kaffee und andere koffeinhaltige Getränke zu meiden, ist jedoch nicht mehr zeitgemäß. Es ist besser, z.B. eine Cola zu trinken, als zu wenig oder gar nicht zu hydrieren, und Kaffee dehydriert nicht.


  • Wie es möglich ist, nach einem adäquaten CCR-Predive-Check beim Abtauchen eine Hypoxie zu erleiden, entzieht sich meiner Vorstellungskraft. Das Schlüsselwort ist hier wahrscheinlich „angemessener Check“. Vor einem CCR-Tauchgang sollte immer eine Checkliste befolgt werden. Dies ist auch die Empfehlung des letzten Rebreather-Forums (RF4).


  • Es ist bemerkenswert, dass El Hierro auf der Liste auftaucht und die Gründe dafür sind aufschlussreich. Auf dieser Insel gibt es tatsächlich Unterkünfte in Höhen von etwa 1000 Metern, die mit Bildern von Tauchern werben! Dieses Beispiel verdeutlicht, dass das Risiko einer Dekompressionskrankheit nach dem Abschluss eines Tauchgangs am grössten ist, da die Gewebeübersättigung dann ihren Höhepunkt erreicht. Das erinnert uns daran, dass nicht nur das Fliegen nach dem Tauchen riskant sein kann – auch ein Aufstieg in höhere Lagen ist kritisch. Wer nach dem Tauchgang in die Berge fährt, sollte unbedingt genügend Zeit für die Dekompression einplanen. Dafür gibt es spezielle Tabellen. Besonders bei solchen Tauchgängen ist Nitrox wärmstens zu empfehlen. Auf dem San Bernardino soll es nach einem Tauchwochenende auf der „Haven“ auch schon zu Dekompressionsvorfällen gekommen sein...

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