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AutorenbildMichael Mutter

CO2-Monitoring des CCR-Atemgases

Beim Tauchen mit geschlossenen Kreislaufgeräten (CCR) wird Kohlendioxid (CO2) aus der Ausatemluft mit Hilfe von Gaswäschern (Scrubber) entfernt. Die CO2-Überwachung der Atemluft wäre entscheidend, da hohe CO2-Werte (Hyperkapnie) lebensbedrohlich sein können. Überwachungssysteme für den Scrubber werden derzeit zur Vorhersage der Erschöpfung des Atemkalkes verwendet, liefern aber keine direkten CO2-Konzentrationsmessungen im Atemgas, was zu Fehlalarmen, aber auch zu verpassten CO2-Durchbrüchen führen kann. Im letzten Blog-Beitrag wurden die Herausforderungen bei der Entwicklung eines Scrubber-Monitorings thematisiert mit besonderem Fokus auf Sensitivität und Spezifität. Direkte CO2-Konzentrationsmessungen im Atemgas wären für die Verbesserung der CCR-Sicherheit von entscheidender Bedeutung und sind das Thema dieses Blogbeitrags. Lese bis zur real-life-Berechnung am Schluss.

Foto: courtesy René Röösli, tecdiving.ch

End-tidales CO2

Was wir wirklich wissen möchten, ist der CO2-Gehalt des Einatemgases, das so genannte endtidale CO2 (etCO2). EtCO2 bezieht sich auf die Konzentration von Kohlendioxid (CO2) in der ausgeatmeten Luft am Ende der Ausatmung. Wenn wir ausatmen, enthält die Luft im Mund und in den Atemwegen das kürzlich eingeatmete Gas. Um das alveolare Gas zu messen, das den CO2-Gehalt im Blut widerspiegelt, warten wir bis zum Ende der Ausatmung. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass der Messwert aus der Tiefe der Lunge stammt und nicht mit frisch eingeatmetem Gas vermischt ist. Die CO2-Konzentration in den Alveolen und im Blut gleichen sich sofort aus. Der etCO2-Wert liefert daher eine genaue Aussage über den CO2-Gehalt im Blut einer Person und spiegelt die Effektivität der Ventilation, des Gasaustauschs und des Blutflusses in der Lunge wider. Die Überwachung von etCO2 ist in der Medizin, z. B. in der Anästhesie, von entscheidender Bedeutung, um die Atemfunktion zu verfolgen. Beim Tauchen könnte die etCO2-Überwachung dazu beitragen, eine gefährliche CO2-Anreicherung (Hyperkapnie) zu erkennen und Unfälle wegen schlechter Ventilation, übermäßiger CO2-Produktion aufgrund von (körperlichem) Stress oder fehlerhafter Ausrüstung, z. B. einer Fehlfunktion des Atemkalkes, zu verhindern.


Das Problem der Gasdichte

Eine weitere Ursache für eine übermäßige CO2-Anreicherung ist die Zunahme der Atemgasdichte. Dies führt zu einer höheren Atemarbeit, die unter Umständen nicht mehr gewährleistet, dass die Alveolen ausreichend belüftet werden, um CO2 abzuatmen. Dies kann bei sehr tiefen Tauchgängen unter ungünstigen Atemgasgemischen der Fall sein. Aber auch unter Trimix gibt es eine Tiefengrenze, ab der die Atemarbeit für eine ausreichende Belüftung zu groß wird. Dies gilt insbesondere für körperlich anspruchsvolle Tauchgänge, weshalb in diesen Situationen Scooter eingesetzt werden, und ist einer der Gründe für die ersten CCR-Tauchgänge mit dem sehr leicht zu atmenden Wasserstoff. Es sind mehrere tödliche Tauchunfälle beim Höhlentauchen bekannt, bei denen dieser Mechanismus zu Hyperkapnie führte.


Die Messung des etCO2 würde eine rechtzeitige Warnung ermöglichen. In der Realität erschweren folgende Probleme eine praktische Umsetzung:


1. Luftfeuchtigkeit und Sensorempfindlichkeit:

Mundstücke von Rebreathern sind extrem feuchte Umgebungen (wahrscheinlich die feuchtesten in einem CCR überhaupt). Infrarotsensoren, die üblicherweise für die CO2-Überwachung verwendet werden, funktionieren unter diesen Umständen unzuverlässig.

Damit die etCO2-Überwachung beim Tauchen sicher und hilfreich ist, müssen die Messwerte genau und zuverlässig sein. Hier treffen wir erneut auf das Problem der Sensivität und Spezifität, und zwar in einer noch heikleren Umgebung als im Schrubber.


2. Probenentnahme und Platzierung:

Die Platzierung des Analyzers direkt im Mundstück könnte zu Beschwerden führen und erhöht den Platzbedarf.

Ein alternativer Ansatz ist die Entnahme einer Gasprobe aus dem Mundstück zu einem Analyzer, der sich an einer anderen Stelle des Kreislaufgeräts befindet. In diesem Fall wäre eine System erforderlich, welches das Gas durch einen Schlauch zum Analyser pumpt, was zu Gasverlusten führen könnte und einen erheblichen Strombedarf mit sich bringen würde.


3. Technologische Grenzen:

Die derzeit beim Tauchen verwendeten CO2-Sensoren haben eine langsame Reaktionszeit, so dass sie für die schnelle Erkennung von CO2-Veränderungen nicht geeignet sind.

Die Sensoren müssen kompakt und leicht sein. Die derzeitige Technologie hat Schwierigkeiten, diese Kriterien ohne Leistungseinbußen zu erfüllen.


4. Kosten und Markt-Nachfrage:

Die Entwicklung von CO2-Sensoren für das Tauchen ist teuer. Sie würde erhebliche Investitionen erfordern für die Entwicklung vom Prototyp zur Massenproduktion.

Der Tauchmarkt ist relativ klein, was es schwierig macht, die erforderlichen Investitionen zu einem Preis zu rechtfertigen, der für die meisten Taucher erschwinglich ist.

Open Safety Equipment Ltd. behauptet, ein Gerät entwickelt zu haben, das in der Lage ist, das etCO2 zuverlässig zu messen. Die hohen Kosten (14.000 $) und die mangelnde Verfügbarkeit (nicht auf Lager) sind ein Signal, dass es noch erhebliche Hindernisse für die Praxis gibt.


Kenne Deinen Kalk - einmal mehr

Anstatt auf komplizierte Messtechnik zu setzen, sollten wir uns auf die richtige Anwendung des Kalkes und seine Wechselintervalle konzentrieren. Der beste Schutz gegen CO2-Durchbrüche ist immer noch ein gut gepflegter Scrubber und das Wissen, wann er an seine Grenzen stösst. Taucher, die ihren Kalk kennen, wissen genau, wann es Zeit ist, ihn zu wechseln – und sind ganz ohne teure und komplexe Technik sicher vor Hyperkapnie.


Das real-life Beispiel

Ein konkretes Beispiel hierzu: 2.68 kg Sofnolime 797 zeigen einen CO2-Durchbruch nach 202 Minuten unter einer simulierten Belastung mit 6 METS (metabolischen Einheiten). Für einen lockeren Tauchgang dürfen gut und gerne nicht mehr als 4 METS angenommen werden. Es fällt somit in der gleichen Zeit ein Drittel weniger CO2 an. Dies verlängert die Lebensdauer um einen Drittel. Wird der Standard-Scrubber des JJ-CCR (2.5 kg) korrekt gepackt, wäre erst nach 250 Minuten mit einem CO2-Durchbruch zu rechnen – wesentlich später, als der Hersteller angibt. Hält man sich also an das JJ-Manual, taucht man weit im sicheren Bereich.

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