Sofern der Inertgasdruck eines Gewebes unter seinem maximal tolerierten Wert für die Wasseroberfläche liegt, kann direkt aufgetaucht werden. Aber wie wird ermittelt, auf welche Tiefe aufgetaucht werden darf, wenn die Nullzeit abgelaufen ist?
Dies geschieht wiederum mit der Berechnung der Übersättigungstoleranz anhand der Formel
Ptol = Pamb * 1/b + a
Wie wir gesehen haben, kann so für jede beliebige Tiefe resp. jeden Umgebungsdruck (Pamb) der Inertgasdruck (Ptol) berechnet werden, welcher von einem Gewebe toleriert wird, ohne dass es zu Blasenbildung kommt. Wurde für die Berechnung der Nullzeit für Pamb der Druck an der Wasseroberfläche (1 bar) verwendet, wird für die Dekompressionsstufen der jeweilige Umbegungsdruck eingesetzt.
So ergeben sich als max. tolerierte Inertgasdrucke (Ptol) für die jeweilige Dekompressionsstufe für Kompartiment 2 folgende Werte:
9 m – Dekostufe: 3.92 bar (Umgebungsdruck Pamb 1.9 bar)
6 m – Dekostufe: 3.46 bar (Umgebungsdruck Pamb 1.6 bar)
3 m - Dekostufe: 3.00 bar (Umgebungsdruck Pamb 1.3 bar)
Oberfläche: 2.54 bar (Umgebungsdruck Pamb 1 bar)
Abbildung 1 zeigt dies für Kompartiment 2 für einen Tauchgang mit Pressluft auf 40 m für Tauchminute 20. Zu diesem Zeitpunkt beträgt der Inertgasdruck im Kompartiment 2 3.34 bar. Da dieser Wert oberhalb der max. tolerierten Inertgasdrucke für die Wasseroberfläche und die 3 m-Dekostufe liegt, aber unterhalb der entsprechenden Werte für die 6 m– und 9 m–Dekostufe, darf auf 6 m aufgetaucht werden, aber nicht weiter.
Wir nehmen nun an, dass bei Tauchminute 20 unter Einhalten der max. Aufstiegsgeschwindigkeiten aufgetaucht wird und schauen uns dazu 2 verschiedene Kompartimente an (Komp. 2 und 6):
Bereits während des Aufstieges entsättigt Kompartiment 2 dank seiner sehr kurzen Halbwertszeit so weit, dass es bei Tauchminute 23 weiter bis auf die 3m-Dekostufe auftauchen dürfte (Ptol < 3.0 bar). Hingegen findet in Kompartiment 6 eine weitere Aufsättigung statt mit Erreichen eines Inertgasdruckes von 1.89 bar bei Tauchminute 23. Dieser liegt über dem tolerierten Druck für die Wasseroberfläche für dieses Kompartiment (1.78 bar), aber unter demjenigen für die 3m-Dekostufe (2.13 bar). Somit muss auf 3 m eine Dekompression abgesessen werden. Der Inertgasdruck im Kompartiment 2 fällt rasch weiter ab und unterschreitet den zulässigen tol. Inertgasdruck für die Oberfläche bereits bei Tauchminute 26 (2.54 bar). Währenddessen sinkt der Inertgasdruck in Kompartiment 6 etwas langsamer bis zu Tauchminute 29 auf 1.76 bar ab und unterschreitet zu diesem Zeitpunkt den tol. Druck für die Wasseroberfläche (1.78 bar). Nach einer Dekompressionszeit von 6 min. auf 3 m kann somit gefahrlos aufgetaucht und der Tauchgang nach 30 min. beendet werden.
Für jeden Dekostopp kann so einfach ermittelt werden, wann auf die nächste Dekostufe aufgestiegen werden darf.
Für NERDS: Etwas schwieriger gestaltet sich die Berechnung der Deko-Zeit beim Tauchen mit Mischgasen (Trimix), da dort 2 unterschiedliche Halbwertszeiten (für Stickstoff und Helium) zu berücksichtigen sind und deshalb mit 2 Logarithmen gerechnet werden muss. Tauchcomputer schaffen dies heute leicht, indem sie unter Einbezug der Stickstoff- und Heliumkinetik in Kleinstschritten über die Sättigungsgleichung iterieren und so die Dekozeit ermitteln.
Man sieht: Auch die Bestimmung der Dekompressionsstufen ist mit Kenntnis der Übersättigungstoleranz keine Raketenwissenschaft.
Warum aber werden die Dekostufen in 3 m - Intervallen abgesessen? John Scott Haldane erstellte Ende des 19. Jahrhunderts als erster Tabellen für ein sicheres Dekompressionsverfahren. Er rechnete in Fuss mit Stufen bei 10, 20, 30 usw. Fuss Wassertiefe. Die entsprechenden Dekompressionsstufen von 3 m, 6 m und 9 m haben sich bis heute gehalten.
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