Kreislauftauchgeräte (closed-circuit rebreathers, CCR) werden aufgrund ihres effizienten Gasverbrauchs immer häufiger im anspruchsvollen Sporttauchen eingesetzt. CCR verwenden das ausgeatmete Gas wieder, indem sie CO2 in einem mit absorbierendem Material, in der Regel Natronkalk («Atemkalk»), gefüllten Behälter (CO2-«Scrubber») entfernen. Die Komplexität von CCR ist im Vergleich zu konventionellen Tauchgeräten höher und geht mit potenziellen Fehlerquellen im Zusammenhang mit dem CO2-"Scrubber" einher. Verbrauchten Atemkalk nicht zu ersetzen oder unsachgemäßes Packen des «Scrubbers» können eine Hyperkapnie (CO2-Vergiftung) mit dem Risiko von schweren Zwischenfällen zur Folge haben.
Um dieses Risiko zu mindern, wird Tauchern während der CCR-Ausbildung beigebracht, vor dem Tauchgang eine mehrminütige prebreathe-(Voratmungs)-Phase durchzuführen und vor dem Abtauchen durch das Kreislaufgerät zu atmen, um zu prüfen, ob erste Symptome einer Hyperkapnie, wie Kurzatmigkeit oder Kopfschmerzen, auftreten. Es wird allgemein davon ausgegangen, dass dies ausreicht, um ein Problem mit dem CO2-"Scrubber" zu erkennen. Die Validität dieser Praxis wurde jedoch noch kaum formell bewertet. Eine Studie hat dies vor einigen Jahren getan.
Die Studie
An der Studie nahmen 30 ausgebildete Taucher teil, die nach dem Zufallsprinzip zwei von drei Bedingungen ausgesetzt wurden: normalem Atemkalk, teilweise versagendem Atemkalk oder gar keinem Atemkalk. Jeder Taucher absolvierte einen fünfminütigen prebreath-test unter zwei dieser Bedingungen mit einer 20-minütigen Pause zwischen den Tests. Als CCR wurde ein Inspiration Evolution Plus System verwendet. Physiologische Parameter wie inspiriertes (eingeatmetes) CO2, endtidales CO2 (CO2 am Ende der Ausatmung), Ventilation (Atemminutenvolumen) und Herzfrequenz wurden kontinuierlich überwacht. Der primäre outcome war der Anteil der Taucher, der die Voratmung aufgrund von Hyperkapnie-Symptomen abbrach.
Die Resultate
Das prebreathing zeigte eine unterschiedlich hohe Empfindlichkeit bei der Erkennung von Ausfällen des CO2-«Scrubbers». Keiner der Taucher brach den Test bei normal funktionierendem «Scrubber» ab, nur 2 von 20 beendeten den Test bei teilweise versagendem Atemkalk und 15 von 20 brachen den Test bei fehlendem Atemkalk ab. Daraus ergibt sich eine Sensitivität von 10 % für teilweise funktionierenden Atemkalk und 75 % für fehlenden Kalk bei einer Spezifität von 100 %. Die Hauptsymptome, die von den Probanden berichtet wurden, die den Versuch abbrachen, waren Kurzatmigkeit und das Gefühl einer strengeren Atmung. Die physiologischen Daten ergaben bei Normalfunktion des «Scrubbers» keine signifikanten Veränderungen, während beim partiell versagenden Atemkalk der Anstieg des eingeatmeten CO2 durch eine geringfügige Erhöhung der Ventilation kompensiert wurde, wodurch eine signifikante Hyperkapnie verhindert wurde. Ohne Atemkalk stiegen die CO2-Werte stetig an, wobei die Taucher unterschiedlich, mit einem weiten Spektrum de Ventilation reagierten.
Dies Resultate sind ernüchternd. 90% der Probanden bemerkten nicht, dass der «Scrubber» nicht voll funktionstüchtig war. 25% brachen den Test nicht einmal dann ab, als gar kein Atemkalk vorhanden war! Der prebreathe-test scheint somit obsolet zu sein für das Erkennen einer Fehlfunktion des «Scrubbers» resp. des Atemkalkes.
Die meisten Taucher bemerken nicht, wenn der Scrubber nicht funktionstüchtig ist, jeder Vierte nicht einmal dann, wenn gar kein Atemkalk eingefüllt ist!
Physiologische Kompensation
Die Studie legt nahe, dass die geringe Sensitivität der Voratmung darauf zurückzuführen ist, dass der Körper in der Lage ist, kleine CO2-Anstiege während des Tests mit der Atmung zu kompensieren, so dass Taucher keine Symptome wahrnehmen, die sie veranlassen würden, die Voratmung abzubrechen. Diese Kompensation dürfte während eines tatsächlichen Tauchgangs nicht so effektiv ausfallen, was einen vermeintlich gut funktionierenden «Scrubber» besonders gefährlich macht.
Prebreathing: Wichtig, aber nicht fürs CO2.
Auch die Autoren kommen zum selben Schluss: «Während prebreathing nützlich ist, um andere Funktionen (des CCRs) zu überprüfen, ist die fünfminütige Voratmung unempfindlich gegenüber Fehlfunktionen im CO2-«Scrubber». Teilweise defekte «Scrubber» sind gefährlich, da sie an der Oberfläche meist nicht erkannt werden, obwohl sie in der Tiefe sehr wichtig werden können.», insbesondere weil «das partielle Versagen des Atemkalkes in einem CCR besonders heimtückisch ist, wenn sich Taucher auf das prebreathing verlassen. Durch eine geringfügige Erhöhung der Ventilation halten die Probanden während des prebreathings ein normales CO2 aufrecht, …, was gefährlich ist, da dieses während des Tauchganges (mit einem teilweise versagenden «Scrubber») kaum aufrechterhalten werden kann.»
Grosszügig frischen Atemkalk verwenden!
CO2-Sensoren dringend gesucht
Einmal mehr zeigt sich, dass es fast nicht möglich ist, eine Fehlfunktion des Rebreathers subjektiv wahrzunehmen und angemessen darauf zu reagieren. Das gleiche Problem stellt sich für eine potenzielle Hypoxie. Kann der Sauerstoffpartialdruck von Sensoren aber zuverlässig gemessen werden, gestaltet sich die Ausgangslage für das CO2 prekärer. Noch immer stehen kommerziell keine CO2-Sensoren für CCR zur Verfügung. Deshalb ist es unumgänglich, Atemkalk in genügender Menge und korrekt gepackt zu verwenden.
Kommentare