Die Integrität von Tauchflaschen ist eine essenzielle Sicherheitsmaßnahme zur Verhinderung von Tauchunfällen. In der Schweiz müssen Tauchflaschen alle fünf Jahre einer Druck- und alle zweieinhalb Jahre einer Sichtprüfung unterzogen werden. Oft wird dabei nur an die Vermeidung von Berstungen gedacht, doch zwei Tauchunfälle aus Frankreich zeigen, dass es noch weitere wichtige Gründe für regelmäßige Prüfungen gibt.

Fall 1
Im ersten Fall testeten ein erfahrener Taucher mittleren Alters und sein jugendlicher Sohn, beide ohne Vorerkrankungen, eine neue Tarierweste in ihrem swimming pool. Sie verwendeten eine Tauchflasche mit einem Druck von 60 bar. Der Sohn war der erste, der die Ausrüstung ausprobierte. Noch an der Wasseroberfläche verlor er nach wenigen Atemzügen aus dem Atemregler das Bewusstsein. Nachdem der Atemregler entfernt worden war, kam er rasch wieder zu sich. Danach testete der Vater die gleiche Ausrüstung erneut (sic!). Auch er verlor innerhalb einer Minute das Bewusstsein, erholte sich jedoch ebenfalls schnell nach Entfernung des Atemreglers. Beide wurden zur Untersuchung ins Krankenhaus gebracht, wo keine gesundheitlichen Auffälligkeiten festgestellt wurden.
Die spätere Analyse des Atemgases durch ein Marine-Speziallabor in Toulon ergab nahezu keinen Sauerstoffgehalt, dafür aber gefährliche Mengen an Kohlenmonoxid, Wasserstoff und flüchtigen organischen Verbindungen. Der Feuchtigkeitsgehalt der Atemluft war extrem hoch. Beim Öffnen der Flasche wurden 300 ml einer braunen, zähflüssigen Flüssigkeit entdeckt, und die Innenwände zeigten erhebliche Korrosion.
Fall 2
Im zweiten Fall bemerkte ein 51-jähriger erfahrener Tauchlehrer mit über 1000 Tauchgängen, dass seine Tauchflasche nur einen Druck von 100 bar aufwies – zu wenig für den geplanten Tauchgang. Er entschied sich, auf eine Ersatzflasche mit 140 bar umzusteigen. Kurz nach Beginn des Abstiegs verlor er das Bewusstsein. Er wurde in 14 Metern Tiefe ohne Atemregler im Mund von seinem Tauchpartner gefunden, der ihn an die Oberfläche brachte. Dort atmete der bewusstlose Taucher nicht, woraufhin sein Partner Mund-zu-Mund-Beatmung durchführte. Darunter erlangte er das Bewusstsein zurück und begann wieder zu atmen. Er wurde zur weiteren Untersuchung hospitalisiert.
Die medizinische Untersuchung zeigte Anzeichen eines Barotraumas im Gesicht, an den Augen, Ohren und Nasennebenhöhlen sowie Folgen der Aspiration von Meerwasser während der Bewusstlosigkeit.
Die Analyse des Atemgases ergab einen Sauerstoffgehalt von nur 8 %, begleitet von hohen Mengen an Wasserstoff und flüchtigen organischen Verbindungen sowie einem deutlich erhöhten Feuchtigkeitsgehalt. Zu Testzwecken wurde die Tauchflasche nach dem Unfall nachgefüllt. Über einen Zeitraum von acht Wochen zeigten wiederholte Gasanalysen einen fortschreitenden Rückgang des Sauerstoffgehalts. Beim Öffnen der Flasche wurden 250 ml einer braunen, zähflüssigen Flüssigkeit mit hohem Salzgehalt entdeckt, und die Innenwände waren stark korrodiert.
Ein Bewusstseinsverlust an der Oberfläche oder während des Abstiegs deutet immer auf ein Problem mit dem Atemgas hin.
Diskussion
Bewusstlosigkeit beim Tauchen ist selten, und die genaue Ursache bleib oft unklar. Häufige Gründe sind Herzprobleme wie Durchblutungsstörungen des Herzmuskels, Herzrhythmusstörungen und Immersionslungenödeme. Ein sofortiger Bewusstseinsverlust nach dem Atmen aus einer Tauchflasche deutet auf ein Problem mit der Atemgas hin. Obwohl Hypoxie (Sauerstoffmangel) aufgrund von Flaschenkorrosion selten ist, bleibt sie ein ernstes Risiko, wenn Flaschen schlecht oder gar nicht gewartet werden.
Wenn Feuchtigkeit in den Tank gelangt, reagiert sie mit den Stahlwänden und führt zur Oxidation. Während dieses Prozesses löst sich der Sauerstoff im Wasser und reagiert mit dem Eisen, wodurch Rost (Eisenoxid) entsteht und der verfügbare Sauerstoff verbraucht wird. Die chemische Gesamtreaktion lautet:
4Fe + 3O₂ + 6H₂O → 4Fe(OH)₃ → Fe₂O₃ + 3H₂O
Mit der Zeit reduziert diese Reaktion den Sauerstoffgehalt der Atemluft, sodass sie hypoxisch und für das Atmen ungeeignet wird. Zudem entstehen als Nebenprodukt häufig Wasserstoff und organische Gasverbindungen, was die Gasqualität zusätzlich verschlechtert.
Schlussfolgerung
Korrosion kann nicht nur zu Unfällen infolge Flaschenberstungen führen, sondern auch zu Sauerstoffmangel. Regelmäßige Flaschenprüfungen sind deshalb unverzichtbar. Bei Unsicherheit bezüglich der Atemgasqualität muss vor dem Tauchgang der Sauerstoffgehalt des Atemgases analysiert werden.
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