Kreislauftauchgeräte (closed-circuit-rebreathers, CCR) bieten längere Tauchzeiten, einen geringeren Verbrauch von (teurem) Atemgas und kommen ohne Freisetzung von Luftblasen aus, bergen aber auch ein höheres Risiko – u.a. durch Hypoxie (Sauerstoffmangel) bei Fehlfunktion des Gerätes - als konventionelles Tauchen.
In der Luftfahrt durchlaufen Crews ein Hypoxie-Signatur-Training, um ihre individuellen Sauerstoffmangel-Symptome zu erkennen und darauf zu reagieren - eine Praxis, die auch für CCR-Taucher die Sicherheit erhöhen könnte. Es stellt sich die Frage, ob Taucher nach einem solchen Training eher in der Lage sind, Hypoxie zu erkennen und Selbstrettungsmassnahmen einzuleiten. In einer Studie wurde diese Idee getestet.
Die Studie
Es nahmen acht CCR-Taucher und 12 Gerätetaucher teil, die zunächst einer Hypoxie ausgesetzt wurden, um sich mit dem Auftreten individueller Hypoxie-Symptome, d. h. ihrer eigenen Hypoxie-Signatur, vertraut zu machen. Anschließend durchliefen sie drei randomisierte (zufällig ausgewählte), verblindete (ohne zu wissen, ob ein hypoxisches Gemisch geatmet wurde oder nicht) Versuche: eine zweite Hypoxie-Exposition und zwei Normoxie-Versuche. Die Hypoxie wurde herbeigeführt, indem die Teilnehmer an einem CCR ohne Sauerstoff atmeten, während sie auf einem Fahrradergometer strampelten und ein Computerspiel absolvierten, das eine reale, kognitive Belastungssituation simulierte.
Die Teilnehmer waren angewiesen, auf Hypoxie-Symptome zu achten, wobei sie sich auf eine Infotafel beziehen konnten, auf der gängige Warnzeichen aufgelistet waren. Wenn sie eine Hypoxie anhand ihrer Symptome feststellten, sollten sie ein "Bailout"-Manöver durchführen, das eine Selbstrettung simulierte, d.h. vom CCR auf ein konventionelles Atemsystem wechseln. Wenn die periphere Sauerstoffsättigung eines Teilnehmers auf 75 % abfiel (was einen schweren Sauerstoffmangel bedeutet), wurde er aufgefordert, den Bailout auszuführen. In Interviews nach den Versuchen wurde die Fähigkeit der Teilnehmer bewertet, Hypoxie von Normoxie zu unterscheiden.
Ernüchternde Resultate
95 % der Teilnehmer zeigten bei unverblindeter und verblindeter Hypoxie die gleichen Symptome. Allerdings führten bei unverblindeter Hypoxie nur 45 % den Bailout ohne Aufforderung durch. 15 % schafften es nicht einmal, wenn sie dazu aufgefordert wurden.
Dies sind ernüchternde Ergebnisse. Nicht einmal die Hälfte der Teilnehmer schaffte es, sich rechtzeitig mittels Bailout zu retten, und einige schafften es nicht einmal, wenn sie dazu aufgefordert wurden!
Die Autoren kamen zum Schluss, dass die Probanden zwar eine "Hypoxie-Signatur" aufwiesen, die meisten jedoch nicht in der Lage waren, Hypoxie rechtzeitig zu erkennen und ohne Aufforderung ein Bailout-Manöver durchzuführen. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Hypoxie-Sensibilisierungstraining kaum zur Verbesserung der Sicherheit beim CCR-Tauchen beiträgt.
Hypoxie-Signatur: Wunschdenken
Das Problem besteht wohl darin, dass das Konzept der Hypoxie-Signatur eher einem Wunschdenken enstpricht als der Realität. Eine kürzlich veröffentlichte Studie aus der Flugmedizin räumt auf mit der Vorstellung, dass Flugzeugcrews eine eigene Hypoxie-Signatur aufweisen und diese rechtzeitig erkennen können. Vielmehr fand sie ähnliche Ergebnisse wie die CCR-Studie: Etwa die Hälfte der Probanden gab keine Sauerstoffmangel-Symptome an, wenn sie hypoxisches Gas einatmete.
Ist das sehr überraschend? Ich meine nicht, denn Hypoxie führt zu einer Einschränkung der Kognition, womit die Selbstwahrnehmung eben gerade dann eingeschränkt wird, wenn sie am nötigsten wäre. Dies zeigt sich in der Studie klar. Eine Sauerstoffstättigung von 75% ist ein schwerer Sauerstoffmangel. Dies dürfte der Grund sein, weshalb einige Probanden nicht mehr in der Lage waren, den Bailout auszuführen, auch wenn sie dazu aufgefordert wurden. Die Katze beisst sich hier also in den eigenen Schwanz.
Dies ist keine gute Nachricht für das CCR-Tauchen. Es zeigt, wie abhängig das CCR-Tauchen von einer einwandfrei funktionierenden Technik ist.
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